Die Sioux: Lebensweg


Einer einzelnen Person

Als Baby

Die Lebensweise der Sioux war nicht einfach. Um dies hier einmal zu beschreiben, ist es am besten das Leben einer einzelnen Person darzustellen.

Hinsichtlich der Empfängnis gab es bei den Sioux keine Unklarheiten. Ihnen waren die theoretischen Zusammenhänge der Zeugung bekannt. Ebenso wußten sie, dass eine Schwangerschaft neun Monate dauerte. Die Schwangerschaft bezeichneten sie als «Starkwerden». Die werdende Mutter oder eine der Großmütter fertigten während der Schwangerschaft zwei Amulette - sogenannte Zauneidechsen. Sie besaßen die Form einer Eidechse oder einer Schildkröte und sollten eine beschützende Macht symbolisieren. Weil beide Tiere schwer zu töten waren, wurden sie von den Sioux verehrt.

Nach der Geburt nahm das eine Amulett die Nabelschnur auf, die andere sollte das Kind vor übelwollenden Kräften beschützen. Sobald das Kind zu laufen begann, wurden die Amulette an der Kleidung getragen. Im Alter von fünf oder sechs Jahren nannte man ein Kind «das seinen Nabel trägt.». Später wurden die Amulette abgelegt und von der Mutter aufbewahrt.

Schwangere Sioux-Frau Wie die Mutter oder Großmutter die Pflicht hatten, die Amulette anzufertigen, so waren die Schwestern des Vaters verantwortlich die Wiege herzustellen. Alles Können und größte Sorgfalt wurde für diese Arbeit aufgebracht, um ein greifbares Zeichen schwesterlicher Achtung zu geben.

Alle notwendigen Vorbereitungen wurden schon vor den Wehen getroffen, um entsprechend reagieren zu können. Wenn das Kind geboren war, schnitt man die Nabelschnur etwa sieben Zentimeter nach dem Nabel ab. Nach gründlicher Reinigung des Nabels wurde er mit Bärenfett eingerieben. Die Nachgeburt wurde weit außerhalb des Lagers auf einen Baum gebracht.

Etwa zehn Tage erhielt die Mutter Zeit für die Erholung von der Geburt. Wurden Zwillinge geboren, galt dies als glückerlicher Zufall - Voraussetzung war allerdings beide Babies überlebten.

Die Wiegenanfertigerin überreichte zur Geburt ihr Geschenk der Familie des Kindes. Es wurden auch mehr als eine Wiege angefertigt, was die Achtung der Schwestern ausdrückte und der Selbstdarstellung größeres Ansehen bescherrte.

Vier Tage nach der Geburt wurde durch einen Ausrufer das Festessen zur Namensgebung bekanntgegeben - eine längere Verzögerung wurde als Unhöflichkeit gegenüber dem Kind angesehen. Am Ehrentag des Kindes und der Mutter versammelten sich die Geladenen beim Tipi der Eltern. Der Vater und die Großmutter mütterlicherseits verteilten an bedeutende Personen, an Freunde und an Arme Geschenke. Nach dieser Schenkung begann das Festessen zu Ehren der Mutter mit ausgesuchten Speisen. Im Anschluß gab der Ausrufer den Namen des Kindes bekannt. Oft wurden Namen des ältesten Vorfahren verwendet. War der Name bereits vergeben, erhielt das Baby einen Namen nach einer kriegerischen Tat, die der Vater vollbracht hatte oder nach einem Traum des Vaters. Nach der Namensverkündung gab der Vater zu Ehren des Kindes einen armen Mann - Soundso - ein Geschenk, meist ein Pferd. Mit guten Wünschen bis zum Ohren durchstechen bedankten sich die Gäste. Dieses Gelübde sollte bewirken, dass das Kind bis es Laufen lernte am Leben blieb. Das Durchstechen des Ohrläppchen fand während eines Sonnentanzes statt. Wurde es vergessen, bedeutete es für das Kind Unglück.

Jungen erhielten sogenannte Winkte-Namen. Er war weniger formell, jedoch bedeutungsvoll und geheim und hatte den Zweck dem Baby ein langes Leben zu garantieren. Diesen Namen konnte der Knabe durch direkte Bitte oder durch ein Gespräch eines Elternteils mit einem Winkte bekommen. Der Winkte erhielt als Bezahlung ein Pferd. Man benutzte den Winktenamen nicht während eines Gespräches, sondern wenn man den Namen des Knaben vergessen hatte oder für eine hässige Bemerkung. Der Winktenamen, so glaubten die Sioux, brachte ein hohes Alter und damit ein langes Leben.

Das Baby erhielt nicht die Vormilch der Mutter in den ersten drei bis vier Tagen, um möglichen Durchfall zu vermeiden. Man nährte es mit Beerensäften oder Suppen, die ihm in einer Blase mit Sauger gereicht wurden.

Die Stillzeiten richteten sich nach dem Hunger des Kindes - gestillt wurde im Sitzen. Das Stillen in Gegenwart von Männer zu vermeiden, galt als gutes Benehmen. Mit etwa drei Jahren wurden die Kinder entwöhnt - Zufüttern konnte bereits mit einem Jahr beginnen. Von der Mutter oder einer älteren Schwester vorgekautes Fleisch wurde dem Baby zum Lutschen gereicht. Mit einem Löffel Suppe essen, begann bevor das Baby zwei wurde. Drei bis vier Jahre sollte der Ehemann sich des Verkehrs mit seiner Frau enthalten, damit die Gesundheit und die Entwicklung des Kindes durch vorzeitigen Muttermilchentzugs nicht gefärdet wurde.

Die ersten Lebensjahre war das Kind größenteils im Babybündel eingeschnürt. Ganz kleine Babies wurden in kleine Decken und Felle gehüllt, da sie für das Babybündel noch zu klein waren. Die tragbaren Babybündel waren für Mädchen und Jungen gleich, nur in der Verzierung wurden Unterschiede gemacht. Mit drei bis fünf Monaten kam das Kind in diese Trage, die aus einem Weiden- oder Holzrahmen bestand.

Die Babybündel wurden im Sommer und Frühherbst mit Rohrkolben zur Warmhaltung gefüllt, im Winter mit getrockneten Bisonmist. Sowohl die eine als auch die andere Substanz saugte den Urin auf. Der Stuhl wurde entfernt. Die Saugstoffe wurden aber nicht jedesmal erneuert.

Die Kinder wurden nachts oft in ihren Tragen gelassen, tagsüber lehnten die Tragen entweder an einem Pfosten oder wurden an einem Tipipfahl nahe der Mutter aufgehängt, um nicht allein zu sein. Wurde das Baby gefüttert, nahm man es aus den Tragen heraus. Immer wieder ermunterte die Mutter ihr Kind Laufen zu üben. Einige Mütter trugen ihr Säugling mit einem Fell auf den Rücken mit dem Gesicht nach vorn. Babies gingen nackt - außer sie befanden sich in ihrem Bündel. Die Großeltern wiegten und beschmusten es, aber auch ihre größeren Geschwister kümmerten sich redlich um den Nachwuchs. War das Baby ein Mädchen übernahm meist die älteste Schwester die Erziehung ganz. Bei Jungen sorgte die ältere Schwester sich nur um das Füttern und paßte auf.

Bis zum siebten Lebensjahr gingen die Kinder nackt - im Sommer wie im Winter, allerdings dann nur im Zelt. Wesentlich spielte aber das Geschlecht des Kindes eine Rolle. Züchtung kam äußerst selten vor, meist wurden die Kinder mit großer Achtung und Nachsicht erzogen. Um die Kinder vom Weinen abzuhalten, wurden alle ihre Wünsche erfüllt oder man schaukelte oder streichelte sie bis sie sich beruhigten. Half garnichts weinte die Großmutter mit, um ihren Enkeln zu helfen. Kleine Kinder sollten sich beschäftigen - es wurde ihnen aber nicht befohlen. Die moralische Erziehung begann ziemlich früh. Mit zehn oder elf Jahren hielt man belehrende Worte für unnötig.

Angst machte man den Kindern in krasser Form nicht, wenn sie nicht gehorchten. Man brachte allgemeine Schreckgestalten vor, wie Eule, Cici-Mann - später Wasicu oder das Bleichgesicht (der Weiße). Gewalt an Kindern gab es nicht, man redete ihnen gut zu, dass eine oder andere in Zukunft zu unterlassen. Bei Bettnässern drohte man, sie mit Mäusen zu füttern. Nur Hunde bekamen manchmal eine Prügel.

Der Erziehung der Kinder nahmen sich beide Elternteile an, aber da der Vater als Jäger oder Krieger oft unterwegs war, blieb der Hauptanteil der Erziehung an der Mutter hängen. Beide Eltern lehrten ihre Kinder den Familienstolz zu erfüllen, Alten Achtung zu erweisen, den Sittenkodex folgezuleisten und die Regeln des guten Benehmens einzuhalten.

Mit vier bis fünf Jahren begann man den Kindern Kleidung zu geben. Sie erhielten ihre Eßgeräte, Spielsachen und ein eigenes Bett. Vom Kind wurde erwartet, diese Gegenstände in Ordnung zu halten und auf sie auszupassen. Die Kinder wurden beobachtet, ebenso aufmerksam kümmerte man sich bei der Wahl richtiger Spielkameraden, um die Kleidung und um das Benehmen. Auf Zurückhaltung und gutes Benehmen, Sauberkeit und Respekt war man stolz. Wer diese Eigenschaften nicht hatte, machte sich lächerlich.


Kinderspiele

Erziehung

Krieg

Rolle der Mädchen

Benehmen, Gestalt und Aussehen

Persönlichkeit

Totenzeremonie

Die Geburt gehört wie der Tod zum Leben. Mochte der einzelne die Sioux-Ideale so stark wie möglich verwirklicht haben, egal wie berühmt oder unauffällig er war, tapfer oder fleiß, großzügig oder weise - sterben mußten sie alle. Der Tod führte den Krieger, die Frauen und Häuptlinge auf den «Geisterpfad» in das Land der Ahnen.

Bedeutende Krieger, die im Kampf gefallen waren, erhielten als Ehrung eine Totenzeremonie.

Bestattung