Sioux-Nomadentum
Für die Sioux gab es vier wichtige Dinge im Leben. Das wichtigste war die Nahrung. Hauptnahrungsquelle bildete der Bison für Nahrung und Rohmaterialien. Da dieses Tier durch die Plains wanderte, war für die Sioux das Nomadentum die einzig mögliche Lebensweise.
Der Bison bestimmte bei den Sioux zahlreiche Einzelheiten des täglichen Lebens wie auch in ihrem Denken. Ihre Siedlungen wurden ausschließlich in der Nähe großer Bisonherden aufgebaut. So konnte ein Lager über viele Wochen oder Monate an einem Ort verweilen. Jedoch hing bei den Sioux der wirtschaftliche Reichtum vom Wechsel des Wohnortes ab. Und auf eine Wohnortverlegung waren sie eingestellt - Sie waren doch Nomaden. Die materielle Kultur war auf Beweglichkeit ausgerichtet, so transportierten sie ihre tragbaren Felltipis auf Travois wie auch allen anderen Gegenstände, wie Wiegen, Haushaltsgegenstände, Kleidung usw. Die Sioux besaßen nur Gegenstände, die ein Mensch, ein Hund und ein Pferd von einem Ort zu einem anderen tranportieren konnten.
Tonwaren besaßen die Sioux nicht. Gekocht wurde das Essen in einem mit Wasser gefüllten an vier Stöcken hängenden Bisonpansen, in dem heiße Steine gelegt wurden. In einem Ledersack bewahrte man das Trinkwasser auf - dieser hing an einem Pfosten. Zerkleinerte man Nahrungsmittel, so benutzte man einen Quarzitstößel und einen Granitmörser oder einen Schlegel mit Steinkopf. Dieses Gerät wog nicht einmal zehn Pfund. Sie bauten kein Gemüse und auch keinen Tabak an. Manche Familie zog aber während des Frühjahrsregen in Wigwams, um die Lederplanen der Tipis vor dem Verrotten zu schützen. Fleisch, Früchte und Pflanzen kamen in versteckte Vorratslager, wo sie viele Monate sich hielten. Benötigte der Besitzer diese Lebensmittel kam er zum Versteck und holte, was er brauchte.
Der ständige Ortswechsel war an die Nahrung gebunden - immer schon hatten die Sioux eine enge Bindung zu ihrem Land. Sie besaßen sogar Lieblingsplätze, wo sie am liebsten lagerten - diese Plätze waren für sie wie ein Nachhausekommen. Die Sioux liebten die Lagerverlegung, Neues zu erleben und Unbekanntes auszuprobieren. Ihr Erfolg hing wesentlich von der Beweglichkeit ab.

Der Ausrufer sang die Anweisung der Wakincuzas im ganzen Lager. Dies war der Ausruf an alle Familien ihr Hab und Gut auf Travois zu packen und die Pferde zu beladen. Innerhalb fünfzehn Minuten war das Lager auf dem Marsch. Jede Familie hatte im Marschblock ihren angestammten Platz. Wer am nächsten der Marschrichtung war, brach als erster auf. Eine bestimmte Ordnung gab es auch auf dem Marsch. Weit voraus bewegten sich drei bis vier Späher, die auch nach den Seiten ausschwärmten. Vor der Hauptgruppe gingen die Wakincuzas, deren Aufgabe es auch war, das Feuer zu tragen. Die Seiten und das Ende sichterte die (Lager)Polizei. Niemand durfte die Wakincuzas überholen oder sich von der Marschkolonne entfernen. Bei Verletzungen gab es strenge Strafen durch die sogenannten Akicitas - man zerstörte das Tipi oder schlug den aus der Reihe Fallenden. Als Nachhut schützten wiederum Späher die Kolonne. Rast- und Essenspausen lag im Ermessen der Anführer. Es gab ausreichend viele Pferde, trotzdem liefen viele Menschen zu Fuß. Der durchschnittliche Tagesmarsch lag bei 40 Kilometern, im Notfall konnte eine solche Marschkolonne auch 80 Kilometer zurücklegen.
Wo gelagert wurde, entschieden die Wakincuzas. Nach dem formellen Rauchen der Pfeife gab der Ausrufer die Entscheidung bekannt. Das Lager wurde in der Reihenfolge aufgebaut, in der die Familien marschiert waren. Die Frauen stellten die Zelte so auf, das der Eingang nach Osten gerichtet war. Als geeignete Lagerplätze sahen die Indianer Stellen an, wo genügend Holz vorhanden war, eine gute Wasserversorgung herrschte, Futter und Auslauf für die Pferde garantiert waren und genügend Schutz vor Wind boten und Sicherheit vor Feinden gewährleistet werden konnten. Solche Flecken waren ebene, bewaldete Niederungen zwischen Hügeln und Höhenrücken. Die Black Hills boten besonders geeignete Plätze für das Winterlager. Hier zogen die Sioux gerne hin, da sie doch einst als Waldlandindianer gelebt hatten.
Doch einmal im Jahr wählten die Sioux hohe, ebene Flächen für ihr Lager aus. Die Tipis wurden in einem großen Kreis aufgeschlagen der im Osten seinen Zugang hatte. An diesem Ort veranstalteten sie ihren berühmten Sonnentanz.
Für dieses Fest wurden die Tipis in einem streng geordneten Kreis aufgestellt, sonst war die Dorfanlage zwanglos nach verwandtschaftlichen Beziehungen geordnet. Die Dorfanlage richtete sich nach der Bodenbeschaffenheit. Jungverheiratete Paare schlugen ihr Zelt auf, wo es ihnen gefiel - meist allerdings nahe den Verwandten.
Was den Verbrauch an natürlichen Reichtümern anging, so hatten die Sioux die Einstellung, was gebraucht wurde, mußte herbeigeschafft werden. Näherte sich eine Bisonherde, organisierte man sofort eine Stammesjagd. Auch einzelne Familien - sogenannte Tates - gingen auch alleine auf die Jagd, um die Vorräte wieder aufzufüllen.
Die Wirtschaft war mehr vom Bison abhängig als vom Wechsel der Jahreszeiten, doch einige Tätigkeiten konnten nur zu einer bestimmten Jahreszeit ausgeführt werden.
Bestimmte Früchte wurden eben im Juni, Juli oder August geerntet oder gepflückt. Deshalb erhielten die Sommermonate Namen der damit verbundenen Tätigkeit. Der Mai war der "Monat der Erdbeeren", der Juni der "Monat der reifenden Felsenbirnen", der Juli der "Monat der reifenden Kirschen" und der August der "Monat der reifenden Pflaumen". Pflanzenprodukte, die die Sioux nutzten, gaben dem Monat den entsprechenden Namen. Die Herbstmonate besaßen Namen nach jahreszeitlich bedingten Naturerscheinungen, wie "Monat der gelben Blätter" für den September und der Oktober war der "Monat der fallenden Blätter". Einige Monate hatten Namen, die sich auf die Lebensweise der Sioux und der daraus resultierenden Anpassung ihres Lebens ausdrückten. Der November war der "Monat der haarlosen Kälber".
Diese Bezeichnung bezieht sich auf das Schlachten von Bisonkühen, denn dann fand man den Fötus noch unbehaart im Leib des Muttertieres. Eindeutige Bezeichnungen hatten die Namen der Mittwintermonate, wie der Dezember «Monat des Frostes im Tipi» oder der Januar als "Monat, wenn die Bäume platzen" - eisige Temperaturen führten dazu, dass die Bäume mit einem hörbaren Knall auseinandersprangen. Im Februar litten zahlreiche Menschen an Schneeblindheit, weshalb er der "Monat der entzündeten Augen" als Namen erhielt. Im März begann der Samen zu sprießen, daraus er der "Monat, in dem der Samen sprießt" innehatte. Der Anfang des Sioux-Jahres war der April, dessen Name sich auf ihre wichtige Nahrung dem Bison bezog als "Monat der Geburt der Kälber".
Zu dieser Zeit lebten die Sioux noch in ihren Winterquartieren im Schutz der Bergtäler. Einzelne Jagdgruppen verließen wie im ganzen Winter das Hauptlager, um ihre Nahrungsmittel zu ergänzen. Im Frühling wurde das Nahrungsangebot außer durch Bisons wahrscheinlich noch durch Rotwild, Wapitis und Antilopen komplettiert. Zur der Zeit der Frühlingsmonate zapften die Frauen verstärkt durch die Männer den Saft des Eschenahorns ab. Ein- und zweijährige Hengste wurden zugeritten, und Hengste die für die Zucht nicht geeignet waren, wurden kastriert. Um die fohlenden Stuten kümmerten sich die Sioux kaum. Einige Sioux-Familien bezogen während der wärmeren Monate Rindenwigwams, um ihre Tipi-Planen vor dem aufkommenden Nieselregen vorm Verderben zu schützen. Es war auch die Zeit, in der alte Tipi-Planen durch Häute der Herbst- und Winterjagden erneuert wurden. Sobald es wärmer wurde, räucherte man Tierhäute aus denen man dann Leggings und Mokassins herstellte. Die Bünde zelebrierten ihre Tänze und die Visionssuche begann, die erst mit dem erneuten Beginn der kalten Jahreszeit endete.
Aus Tradition verließen nun die Sioux ihre Winterlager und zogen auf höhere Plätze. Bei dieser Wanderung wurden die verbrauchten Lebensmittel durch eine geplante Jagd aufgefrischt.
Zur Zeit der Frühsommermonate unternahmen die Sioux immer noch Familienjagden und gingen häufig auf Raubzüge. Während die Männer jagten, sammelten die Frauen Frühgemüse. Solange das Wetter sonnig und warm war, bemalte man Parflechten und Roben. Im "Monat der reifenden Felsenbirnen" - Juni - pflückten die Sioux-Frauen wohlriechende Blätter.
Der Sommer wurde für zeremonielle Ereignisse verwendet. Für diese Zwecke mußten Vorbereitungen getroffen werden. Zu den Festlichkeiten gehörten Visionssuche, kultische Feiern, Wahlen zu den Bünden und Feste zu Ehren der weiblichen Tugenden.
Das größte Fest wurde im Juli - im «Monat der reifenden Kirschen» - gefeiert, es war der Sonnentanz. Dieses Ereignis bildete den Höhepunkt dieser zeremoniellen Jahreszeit.
Wie der Herbst gestaltet werden sollte, organisierten die Nacas und Ska Yuhas. Meist fanden die Herbstjagden statt. Die sogenannten «Tates» bildeten den offiziellen Bestandteil des wirtschaftlichen Zyklus. Das gesamte Sommerlager unternahm keinen Jagdzug - der Lagerkreis wurde vorher aufgelöst - bevor einzelne Gruppen sich zu gemeinsamer Jagd zusammenfanden.
Wie auch in unseren Breiten war bei den Sioux der Herbst die arbeitsreichste Zeit. Frauen sammelten Beeren, Nüsse und bereiteten das Fleisch zu, was die Männer von der Jagd heimbrachten. Die Männer jagten soviel wie möglich, um einen ausreichenden Vorrat für den Winter anzulegen. Neigte sich der Herbst legte man die versteckten Vorratslager für den Winter an.

Setzten die ersten schweren Schneefälle ein, meist Anfang Dezember, legte man den Ort für das Winterlager fest. Meist waren das geschützte Plätze in bewaldeten Tälern. Bis März oder April verweilte man im Winterlager. Es war die Zeit zur Herstellung neuer Waffen, wie Bogen, Pfeile und Werkzeuge. Auch gejagt wurde im Winter, um die Vorräte wieder zu erneuern. Harte Winter bescherten den Sioux oft eine Hungerzeit. Dann aß man auch Hagebutten, Eicheln, Pferdefleisch oder bereitete Abgeschabtes von den Häuten für ein Mahl zu.
Der Hund war einst das einzige Lasttier der wandernden Jägervölker, ohne ihm hätte kaum ein Volk in den Weiten der Prärien und Plains überlebt. Auf der ersten Westwanderung der Sioux - im 17. Jahrhundert - war der Hund die einzige Hilfe als Tranportmittel. Sie bauten zu dieser Zeit zwar noch Mais an, waren aber schon stark abhängig vom Büffel. Der Anfang des Nomadentums war die Jagd, die noch mit Hunden unternommen wurde. Der Hund zog die Tipistangen, trug Lasten oder er schleppte Travois. Nach der Einführung des Pferdes verwendeten die Sioux als Lasttier das Pferd und weiterhin den Hund. Bei der Beerenernte trug der Hund die Ernte zu den Tipis. Er wurde auch für Festessen als Delikatesse verzerrt.
Die Sioux hatten verschiedene Hundearten. Die großen - etwa so groß wie Eskimohunde - dienten vor allem als Transporttier, die kleineren eher zum Verzerr. Die Farbe der Hunde reichte vom Schwarz, Braunschattierungen bis hinein ins Graue. Eine weitere Aufgabe des Hundes bei den Sioux war das Auspassen. Sie waren so abgerichtet, dass sie bei ungewohnten Geräuschen mit Bellen begannen.
Das Pferd war für die Arbeit wesentlich effektiver. Nun konnten viel schwere und größere Lasten transportiert werden. Zudem konnte man es auch als Reittier verwenden. Für die Sioux war das Pferd Wakan, deshalb nannten sie es «heiliger Hund» - siehe auch unter Gotthund.
Das Pferd brachte jetzt nicht nur ausreichende Lebensmittel, sondern zu bestimmten Zeiten sogar Überfluss. Damit waren die Sioux nicht nur vom Bison abhängig - ebenso vom Pferd. Der Besitz eines Pferdes schuf eine belebende Wirkung auf die Wirtschaft der Sioux - es schaffte Wohlstand und Überfluß. Wer das schnellste Pferd hatte, war in der Lage mehr Bisons zu jagen als einer mit einem langsameren Pferd. Wer Überfluss hatte, konnte eine bessere Stellung einnehmen. Ebenso konnte einer der mehr Pferde hatte, auch eine größere Menge an Gütern transportieren.
Die Sioux maßen eine Person aber nicht wieviele Pferde er hatte, sondern wieviele er aus Prestigegründen weggeben konnte. Wenn man noch die Lebensdauer eines Pferdes hinzurechnete, so wurde es zu einem begehrten Tauschobjekt. Alle Leistungen und Waren rechnete der Indianer im Verhältnis zu einem Pferd - wie eine Frau, ein Schild, eine Kriegshaube usw. Je mehr Pferde ein Mann besaß, desto besser war seine wirtschaftliche Situation gesichert und einen desto höheren gesellschaftlichen Rang konnte er einnehmen.
Aber nicht nur der Gruppenwohlstand stieg mit dem Pferd, sondern auch der Reichtum des einzelnen. Der persönliche Reichtum konnte und wurde auch verteilt. Je mehr einer Pferde verschenken konnte, desto höher stieg die familiäre Überlegenheit.
Um eine große Herde zu erzielen, war die hauptsächliche Maßnahme wilde Pferde einzufangen oder durch Raub zu erzielen - eine erfolgreiche Pferdezucht kannte man nicht. Ein erfolgreicher Pferderaub brachte Ansehen, aber vor allem sozialen Prestige.
Jungpferde wurden erst nach drei Jahren zu geritten. Das Pferd wurde ziemlich rücksichtlos gezähmt - diese Methode ging schnell und war äußerst wirkungsvoll. Knaben allerdings ritten bereits einjährige Fohlen zu, da man annahm, dass diese Tiere besonders ausdauern wurden und gute Rennpferde ergeben würden.
Hallo Pferdeliebhaber - überlest am besten den nachfolgenden Abschnitt !!!
Die Zähmung: Mit einer Schlinge um den Hals wurde das Pferd zu Boden gerissen und gewürgt. Während dieser Prozedur saß ein Mann auf dem Kopf des Tieres, während zwei bis drei weitere Männer das Ende des Seils ergriffen. Sobald sie es festhielten, sprang der erste Mann vom Kopf herunter. Er mußte jedoch aufpassen nicht von den Hufen des Tieres erwischt zu werden, weil das Pferd sofort empor schnellte. Nun ließen die Männer das Tier am Seil kämpfen, dabei trieben sie es langsam in den Lagerkreis, wo man ihm das Seil mehrfach um die Beine warf und es dann mit einem plötzlichen Ruck zu Boden riß. Nun sprang erneut ein Mann auf das Pferd, während die anderen es an den Vorderbeinen fesselten und dieses Seil am linken Hinterbein befestigten. Das Pferd versuchte aufzustehen, fiel aber durch seine Fesselung immer wieder zu Boden bis zur völligen Erschöpfung. War dies erreicht, schlug man das Tier leicht am ganzen Körper - besonders aber am Hals, an den Ohren und am Rücken. Nach dieser Prozedur warf man ihm eine Decke auf den Rücken. Das Pferd versuchte die Decke abzuwerfen bis ihm die Kraft verließ. Nun setzte sich ein Mann weich auf den Rücken des Tieres und legte ihm vorsichtig ein Halfter über das Maul. Wenn das Tier ruhig blieb, entfernte man die Fesseln und der Reiter trabte mit ihm in die Prärie hinaus. Bis das Pferd vollkommen ruhig war, konnten ein Tag oder zwei Tage vergehen bis es nun endlich zugeritten war. So hart diese Methode auch war, Sioux-Pferde gehörten zu den schnellsten und ausdauerndsten, aber vor allem best geschulten Tieren der Welt.
Ende dieses Abschnitts.
Das beste und schnellste Pferd war ein kastriertes Rennpferd - ein Wallach. Der Besitzer schätzte es so sehr, dass er es bewachte und vor dem Tipieingang anpflockte. Manche von ihnen wurden so berühmt, dass gezielt Raubzüge unternommen wurden. Das Rennpferd wurde besonders gepflegt und behandelt und kam nur zum Einsatz, wenn es wirklich gebraucht wurde. Ging man auf Kriegszüge, so ritt man erst sein gewöhnliches Reitpferd und erst beim Angriff kam das Rennpferd zum Einsatz. Um die Vitalität des Rennpferdes zu erhöhen, so zumindest glaubten die Sioux, wurde es täglich mit kaltem Wasser besprengt.
Nur die schnelle Anpassung eines Nomaden bietet wirtschaftliche Sicherheit. Wohnsitzwechsel konnten Unbeständigkeit der Versorgung mit Nahrungsmitteln bedeuten. Doch die Sioux planten ihre Lagerverlegung sorgsam und zwar im Einklang - also mit dem Kreislauf - der Natur. Dabei richteten sie sich nach der Erntezeit reifender Früchte und zogen den wandernden Büffeln hinterher.