Little Crow, Häuptling der Santee

Der Stamm von Little Crow waren sogenannte Waldland-Indianer, die am Minnesota-River nördlich der deutsch-amerikanischen Stadt Neu Ulm lebte. Little Crow war verantwortlich für 2.000 Stammesangehörige, wie bereits sein Vater und Großvater. Da seine Unterarme und Handgelenke zahlreiche Narben aufwiesen, trug er nur langärmlige Kleidung. Im Auftrag von Indianer-Agenten wurde zu den Dörfern der Mdewakanton-Santee eine Herde Rinde getrieben, wofür sie von ihnen große Stammesgebiete forderten. Da die vielen weißen Siedler das Wild in den Wäldern erschossen oder verjagt hatten, wußten sich die Anführer nicht anders zu helfen als auf diese Weise ihre Stammesangehörigen vor einer Hungersnot zu retten.
Durch die Verträge, die sie nun unterschreiben sollten, verloren die Mdewakanton-Santee neun Zehntel ihrer Jagdgründe. Der Landstreifen, der ihnen nun noch blieb, lag am Minnesota River, wo sie in einer Reservation ihr Dasein fristeten. Als nun auch hier das Wild immer seltener wurde, erwuchs den Indianern eine große Wut gegen die betrügerischen Weißen, die ihnen ihre Lebensgrundlage genommen hatten.
Die Lage spitzte sich während des Bürgerkrieges im Jahre 1862 immer weiter zu. Die Entschädigung, die am 1. Juli 1862 in Höhe von 555.000 Dollar gezahlt sein sollte, ließ noch auf sich warten. Die Oberhäuptlinge der vier Santee-Stämme - Mdewakanton, Sisseton, Wahpeton und Wahpekute - zogen daraufhin mit mehreren tausend Santee zur Agentur am Yellow Medicine River. Der Agent verweigerte Lebensmittel auf Kredit und holte statt dessen 100 Soldaten zur Bewachung des Lagerhauses. Am 4. August holten 550 Santee aus dem Lagerhaus Lebensmittel. Die Bewachungsmannschaften mußten aber den Agenten erst zum Kredit überreden. Als die Santee Lebensmittel erhalten hatten, zogen sie nach dem Versprechen des Agenten, weitere Nahrung aus einer benachbarten Agentur zu beschaffen, friedlich in ihre Dörfer. Doch das Versprechen wollte Redwood - der Agent - nicht einlösen.
Durch die Weigerung des Agenten, wurde Little Crow von seinem Stamm als Häuptling abgewählt, da die Santee bereits mit dem Vertrag der Landabtretung nicht einverstanden gewesen waren. Der neue Häuptling wurde Traveling Hail. Little Crow wurde in der Nacht des 17. Augusts 1862 von Häuptlingen geweckt, um ihn wegen der Tötung von 4 Weißen und zwei Frauen durch 4 hungrige Krieger um Rat zu fragen. Little Crow sagte sie sollten doch lieber Traveling Hail fragen, da er doch der Anführer des Stammes sei. Nachdem die Häuptlinge dem ehemaligen Häuptling versicherten, dass er immer noch seine Ämter als Oberhäuptling der Mdewkanton und als oberster Kriegshäuptling noch inne hätte, war sein ersten Ansinnen wie auch das von Häuptling Big Eagle Frieden.
Als junge Krieger ihn als Feigling titulierten, wollte er diese Beleidigung nicht hinnehmen. Deshalb schickte er Boten zu den Sisseton und Wahpeton und überfiel im Morgengrauen die Agentur mit den verhaßten Weißen. 20 Männer wurden getötet und 10 Frauen und Kinder gefangengenommen. Nachdem die Lager der Agentur ausgeräumt waren, zündete man die Gebäude an. Wabash - der Häuptling der Wahpekute - kam in der Nacht des 18. Augusts. Hunderte von Kriegern zogen am 19. zu Fort Ridgely und bedrohten die Bürger von New Ulm. Little Crow warnte vor dem Angriff auf das schwerbewaffnete Fort. Zwei Tage bestürmten die Krieger das Fort mit Brandpfeilen, aber dies brachte keinen Erfolg. Erst als am 21. August die Wahpeton und Sisseton mit 400 Kriegern erschienen, hoffte Little Crow mit einem positiven Ausgang des Kampfes. 800 Krieger hatte er nun zur Verfügung. In der Nacht vor dem Angriff ließ Little Crow einen Kriegsrat abhalten.
Am späten Vormittag des 22. Augusts setzten die Santee die Dächer des Forts mit Feuerpfeilen in Brand, eroberten die Ställe und mußten sich nach schweren Artelleriebeschuß zurückziehen. Little Crow wurde bei diesem Angriff leicht verletzt, sodass Mankato - Häuptling der Mdewkanton-Santee - die nächste Angriffswelle führte. Durch die Kartäschengeschosse hatte Big Eagle den Großteil seiner Krieger verloren, weshalb er die Aktion beendete. Als nun die Santee vom Anmarsch von 1.400 Soldaten unter dem Befehl von Colonel Sibley erfuhren, wurde der Angriff auf das Fort eingestellt. Am anderen Morgen griffen die Santee New Ulm an. Da die Bürger vom mißlungenen Angriff der Santee gehört hatten, hatten sie Barrikaden errichtet und wurden von der Bürgerwehr und Miliz wie auch die anderen Städte des Tales gegen die aufständischen Indianer unterstützt. Durch die Verwundung Little Crows leitete wiederum Mankato den Kriegszug. 190 Häuser, darunter Sägewerke und Mühlen, hatten die Santee zerstört und etwa hundert Einwohner der Stadt getötet, trotz alledem war ihnen kein großer Sieg gegen die Deutschen gelungen. Die Dunkelheit nutzend zogen sich die Santee-Krieger in ihre Dörfer mit 200 Gefangenen zurück.
Die Vorhut von Colonel Sibley rückte drei Tage nach dem Angriff in Fort Ridgeley ein. Little Crow führte vergeblich mit anderen Häuptlingen Verhandlungen, um sie für die Unterstützung des Kampfes zu gewinnen. Sie lehnten jedoch wegen der vergeblichen Bemühungen das Fort zu erobern, ab. Little Crow wußte von seiner Verantwortung, jedoch hatte er nichts gegen die Ermordung der Weißen vor den Kriegshandlungen unternehmen können.
Mankato, Little Crow und Big Eagle wollten über die Stärke der gegnerischen Truppen bescheid wissen, weshalb sie am 1. September 1862 die Lage erkundeten. Das südliche Ufer des Minnesota River übernahmen Mankato und Big Eagle mit 200 Kriegern, währen der Oberhäuptling mit 110 Kriegern das Nordufer auskundschaftete. 75 seiner Krieger plünderten des Nachts die Farmen und konnten gerade noch verhindern, wie eine starke Kompanie Soldaten Little Crow und seine Gefolgsleute überrumpeln wollten. Die Soldaten wurden nach Hutchinson zurückgedrängt. Vier Tage später, am 5. September, wurde Little Crow in Kenntnis gesetzt, dass Big Eagle und Mankato bei Birch Coulee von einer Verstärkung von Colonel Sibley zum Rückzug gedrängt wurden. Die drei Häuptlinge kamen an der Mündung des Chippeway zusammen. Little Crow schickte zu Sibley einen Boten, der dem Colonel am 7. September die Gründe für die bewaffneten Auseindersetzungen in einem Brief überbrachte. Der Colonel wollte Verhandlungen und die Freilassung der Gefangenen erreichen, doch der Oberhäuptling wollte sie als Druckmittel behalten.
Oberhäuptling Red Iron wollte die Gefangenen austauschen und Frieden, aber die Mehrheit der aufständischen Häuptlinge und Krieger wollten weiterkämpfen. Ein letzter Termin für den Frieden übermittelte Little Crow Sibley am 12. September. Wabash verhandelte heimlich mit dem Colonel und stellte Little Crow als unverbesserlichen Weißenhasser bloß. Beide verbündeten sich und verlangten von Little Crow eine bedingungslose Aufgabe.
Zu einem schweren Gefecht kam es am 23. September 1862 am Wood Lake zwischen den Truppen von Colonel Sibley und Little Crow und seinen Kriegern. Mdekanton-Häuptling Mankato wurde bei diesem Scharmützel getötet. Bei dem Rückzug der Santee konnten sie alle Verwundeten mitnehmen, aber die 15 Toten blieben zurück. Als der Colonel von der Skalpierung der Toten durch seine Soldaten hörte, verbot er weitere solcher Handlungen. Am gleichen Abend hielten die Häuptlinge 20 Kilometer oberhalb des Yellow Medicine einen letzten Kriegsrat ab. Sie sahen ein, dass die Truppen des Colonels nicht besiegbar waren. Wabash und Big Eagle, die nicht am Aufstand beteiligt waren, beschlossen die Gefangenen auszuliefern und zu kapitulieren. Die restlichen Krieger wollten entweder zu den Teton fliehen oder aufgeben.
Der Oberhäuptling Little Crow drückte in seiner letzten Rede die Vermutung aus, dass die Niederlage der Santee durch Verrat heraufgeschworen wurden war. Mit dieser Annahme hatte er recht. Zuammen mit Shakopee, Medicine Bottle zog Little Crow zum Devils Lake nach Westen. Hier überwinterten einige Teton-Stämme, die der Häuptling für seinen Kampf durch ein Bündnis gewinnen wollte. Deren Meinung war es allerdings, dass das Land groß genug wäre und das man mit den Weißen auch ohne Krieg leben könnte. 38 Anführer des Aufstandes von 1862 wurden am 26. Dezember 1862 in Mankato im US-Bundesstaat Minnesota gehängt. Im folgenden Jahr zog Little Crow nach Kanada. Hier im Fort Garry nahe Winnepeg suchte er nach Verbündeten gegen die Amerikaner, aber die British-Kanadier lehnten ab. Jedoch erhielt Little Crow und seine Stammesangehörigen als Verbündete von 1812 ausreichend Proviant. Da er hier die Lebensgewohnheiten eines Prärie-Indianers annehmen mußte, sollten die Pferde der Weißen als Entschädigung für sein Land dienen.
Zu Fuß kehrte Little Crow, sein Sohn Wawinapa, 15 Krieger und eine Frau nach Minnesota zurück, wo sie im Juli die Big Woods nahe der Siedlung Hutchinson erreichten und sich in einem Lager versteckten. Beim Beerensuchen wurde Little Crow von zwei Siedlern nach kurzen Schußwechsel am 3. Juli 1863 getötet. Wawinapa gelang die Flucht.
In St. Paul wurde Kopf wie Skalp von Little Crow konserviert und im Anschluß öffentlich ausgestellt. Für den Skalp des Häuptling erhielten die beiden Siedler vom US-Bundesstaat Minnesota 25 Dollar plus eine Belohnung von 500 US-Dollar. Sechs Frauen hinterließ Little Crow und 22 Kinder. Die Soldaten von Sibley nahmen den Sohn des Oberhäuptlings Wawinapa gefangen. Nachdem er zum Tode verurteilt und begnadigt wurde, wurde er unter dem Namen Thomas Wakeman Diakon ein christlicher Dakota.